Film-Blog.tv meint:
Wer in erster Linie eine Komödie sehen will, der sollte sich hier auf den Trailer beschränken. Denn in dessen knapp zwei Minuten sind so ziemlich alle, ausschließlich lustigen, Szenen enthalten. Man merkt es „My Old Lady“ jedoch sehr schnell an, dass Israel Horovitz vom Theater kommt und das Stück zunächst für die Bühne geschrieben und inszeniert hat. Letztendlich ist es ein Kammerspiel für drei starke Charaktere, das tief in deren Psyche und Vergangenheit eindringt. Da Horovitz sich bei, teils ellenlangen, differenzierten und starken Dialogen auf die Schalspielkunst seiner Darsteller verlassen kann, fallen, im zweiten Teil des Films auch mal recht übertriebene, Längen nicht so ins Gewicht. Letztendlich ist es ein verfilmtes Theaterstück, dessen Adaption an die Leinwand nicht mit allen filmischen, dafür aber schauspielerischen Möglichkeiten umgesetzt wurde.
Mathias Gold, 57 Jahre alt, ist pleite. Drei Ehen hat er hinter sich. Und stand auch sonst im Leben eher selten auf der Straße der Gewinner. Nun hat er geerbt: Eine goldene Uhr, ein paar Bücher und: Eine sehr große Wohnung in bester Pariser Lage mit großem Garten. Er kratzt seine letzten Dollarscheinchen zusammen und fliegt in die französische Metropole um das Erbe schnellstmöglich zu verkaufen. Der Wert, so erfährt er später von einem Makler, soll um die 10-12 Millionen Euro betragen. Mathias wäre damit zumindest die finanziellen Sorgen erst einmal los.
In Paris angekommen findet er die Wohnung mit geöffneter Türe vor. Höflich an jeder Tür klopfend, geht er von Zimmer zu Zimmer und verläuft sich fast. So zwischen 400 und 600 Quadratmeter ist die Altbauwohnung wohl groß, vollgestellt mit allerlei Erinnerungen an ein langes Leben der Bewohner. Schließlich trifft er auf die 92-jährige Mathilde, die hier seit über 70 Jahren lebt. Sie eröffnet ihm, dass es sich bei dem Objekt um ein „Rente viagère“ handelt: Mathias‘ Vater hat diese Wohnung nach dem Tod von Mathildes Mann auf Basis einer französischen Version der Leibrente gekauft: Mathilde darf auf Lebenszeit darin wohnen und bekommt zudem noch eine monatliche Leibrente in Höhe von € 2.400.–. Geld, das Mathias nicht im Traum aufbringen kann.
Da sich Mathilde, wie auch deren Ärztin bestätigt, allerbester Gesundheit erfreut, ist ein baldiges Eintreten des Erbfalls wohl nicht zu erwarten. Um sich erst einmal über Wasser halten zu können, verkauft Mathias Teile des Inventars an einen Trödelhändler.
Da sich auch Mathildes Tochter Chloé wenig kompromissbereit zeigt, sind Konflikte nicht zu vermeiden. Nicht einfacher wird die Situation, da die Wohnung zwar riesengroß ist, aber für alle Bewohner nur eine Toilette zur Verfügung steht.
Die ganze Geschichte bietet in dieser Konstellation viele Möglichkeiten zu lustigen, komischen Szenen. Alleine schon aufgrund der kulturellen Unterschiede der Protagonisten. Israel Horovitz streut davon zwar immer wieder die eine oder andere Situation ein. Doch er belässt es nicht dabei. Im Gegenteil. Mathias entdeckt schnell, dass sein Vater und Mathilde ein außereheliches Verhältnis hatten. Dass der Suizid seiner Mutter auch darin seinen Grund haben könnte. Die anfangs souveräne, generöse Mathilde wird auch von deren Tochter Chloé immer mehr bedrängt. Daraus entwickelt sich ein Drama, das mit einer leichten Komödie nicht mehr viel zu tun hat. Es geht um existentielle Themen, darum, in wie weit das Verhalten der Eltern das Leben und Scheitern der Kinder prägt und beeinflusst…
Horovitz hat seinen Akteuren starke Dialoge und eindrucksvolle Monologe ins Textbuch geschrieben. Vor allem Kevin Kline neigt dabei dazu, sie ein wenig zu theatralisch zu inszenieren. Er spielt, als wenn er auf einer Bühne wäre und das Publikum vor ihm sitzt. Ein wenig mehr Natürlichkeit und weniger Theatralik hätte seiner Interpretation der Rolle gut getan. Souverän dagegen Kristin Scott Thomas als spröde Chloé Girard und Maggie Smith als 92-jährige Mathilde.
Die Bildqualität der Blu-ray kann auch bei Großprojektion überzeugen. Farbe und Kontrast Schärfe, Korn und Schwarzwerte sind sehr gut. Der Ton ist dagenen sehr frontlastig und nutzt oft nicht einmal die Stereobühne. Fast alles läuft über den Center. Das verhilft ihm zwar zu einer guten Textverständlichkeit, geht allerdings zu Lasten der Atmosphäre.
Ascot Elite Home Entertainment GmbH präsentiert „My Old Lady – Eine Erbschaft in Paris“ ab 05. Mai 2015 auf Blu-ray Disc™, DVD und als VoD.
Das Rezensionsexemplar wurde von Ascot Elite Home Entertainment GmbH zur Verfügung gestellt. Wir bedanken uns herzlich.
Originaltitel: My Old Lady
Land / Jahr: GB, Frankreich, USA / 2014
Genre: Drama, Komödie
Darsteller: Kevin Kline: Mathias Gold, Maggie Smith: Mathilde Girard, Kristin Scott Thomas: Chloé Girard, Dominique Pinon: Monsieur Lefevre, Noémie Lvovsky: Dr. Florence Horowitz, Stéphane Freiss: François Roy, Stéphane De Groodt: Philippe, Christian Rauth: Möbelhändler, Jean-Christophe: Jean-Christophe Allais u.a.
Regie: Israel Horovitz
Drehbuch: Israel Horovitz
Theaterstück: „My Old Lady“ von Israel Horovitz
Produzenten: Rachael Horovitz, Gary Foster, David C. Barrot, Nitsa Benchetrit
Kamera: Michel Amathieu
Musik: Mark Orton
Schnitt: Stephanie Ahn, Jacob Craycroft
FSK: 12
Blu-ray Disc™
Laufzeit: ca. 108 Min. zzgl. Bonus
Bildformat: 2,35:1 / 16:9 (1080p/24 HD)
Tonformat: DTS-HD Master Audio 5.1
Sprachen: Deutsch, Englisch
Untertitel: Deutsch
Extras: Originaltrailer, Featurette, Trailershow, Wendecover
Webseite zum Film: My Old Lady – Eine Erbschaft in Paris